Atlantis der Alpen – 71 Jahre lang versunken! Italienisches Dorf in den Alpen wieder aufgetaucht


Nur wenige Menschen wissen, dass auch in den Alpen ein Atlantis existiert. Denn vor vielen Jahren war ein ganzes italienisches Dorf im Reschensee in Südtirol versunken. Wenn der Wasserstand besonders niedrig ist, ragt im Sommer zuweilen der Kirchturm des ehemaligen Ortes Graun wie ein Mahnmal aus dem See. Weil nun wegen Reperaturarbeiten das Wasser aus dem See gelassen wurde, ist das “Atlantis der Alpen” erstmals seit 70 Jahren wieder komplett freigelegt worden.

Graun – Das sogenannte Atlantis der Alpen

Normalerweise war das ehemalige italienische Dorf Curon oder zu deutsch Graun vollständig im Reschensee in Südtirol versunken. Als Wahrzeichen galt die Kirchturmspitze, die in all den ganzen Jahren seit der Versenkung des Ortes trotzig aus den Wassermassen geragt hatte und deshalb auch ein beeindruckendes Foto-Motiv abgibt. Doch zur Zeit wird das Motiv sogar noch getoppt. Denn erstmals seit 71 Jahren wurde das gesamte Wasser aus dem See abgelassen, so dass sämtliche Ruinen des Ortes vollkommen auf dem Trockenen liegen. Dies bestätigt Thomas Punter von Tourismusverein Reschensee. “Grund für das Ablassen des Wassers waren Reparaturarbeiten am Kanal des Stausees, der vom Staudamm wegführt in Richtung Kraftwerk“, erklärt Punter. Vor drei Monaten habe man mit dem Ablassen des Wassers begonnen. Mittlerweile sind die Arbeiten zur Instandhaltung fast wieder abgeschlossen. “Seit einer Woche etwa wird jetzt wieder Wasser aufgestaut, aber man sieht noch viel von den alten Ruinen, das dauert noch bis mindestens Mitte Juni, bis der See wieder seinen normalen Wasserstand erreicht hat.“ Diese Sehenswürdigkeit hat nun zahlreiche Touristen angezogen, die gekommen sind, um das versunkene Dorf Graun zu sehen. “Viele denken allerdings, dass man hier tatsächlich noch richtige Häuser sehen kann, aber das ist nicht der Fall, weil damals alles gesprengt wurde. Wenn man was sieht, dann eher Böden, Grundmauern, Treppen und Keller“, stellt Punter klar, der auch bestätigt. dass man die alte Römerstraße, durch das Dorf ebenfalls noch sehen könne.

So tragisch endete die Dorfgeschichte von Graun

Zum letzten Mal hatten am 16. Juli 1950 die Glocken der Kirche geläutet, bevor der Ort kurze Zeit später unter den Wassermassen des Reschensees begraben wurde. Allerdings handelte es sich nicht um eine Naturkatastrophe, sondern um eine Tragödie die ihren Ursprung in menschlicher Gier und Profitstreben hatte. Denn es war geplant die zahlreichen Naturseen in Graun und Reschen zu einem einzigen großen See zu vereinigen, damit fortan Strom aus Wasserkraft erzeugt werden konte. Dafür verloren hunderte Menschen, die dort gelebt hatten, ihre Heimat. Dieser Plan hatte bereits seit vielen Jahren bestanden, denn sowohl in Italien als auch der Schweiz wurde in der damaligen Zeit dringend Energie benötigt. Zunächst hatten die Einwohner angenommen, dass der Waserspiegel um gut 5 Meter ansteigen würde und so wenigstens ein Teil des Ortes bewohnbar bleiben würde. Doch am Ende waren es 22 Meter, was zu einer wütenden Auseinandersetzung zwischen den Bauern des Dorfes und den italienischen Carabinieri führte. Mit ihren Reisigstecken konnten die Bauern gegen die mit Maschinenpistolen bewaffneten Polizisten nicht viel ausrichten. Also schlugen sie mit den Reisigstecken auf die Autos der Stromfirma Montecatini ein. Außerdem sprengten die italienischen Behörden sämtliche Häuser bis auf die Kirche. Die Bauern wurden danach mehr oder weniger selbst ihrem Schicksal überlassen. Der vorgesehene Umsiedlungsplan hatte sich als Farce entpuppt. Nach langen Streitigkeiten kam es erst Anfang der 2000er Jahre zu einer Lösung. Die Gemeinde erhielt nämlich durch eine kleine Beteiligung am Gewinn des Stromkraftwerks eine minimale Entschädigung. Allerdings musste selbst diese gerichtlich erstritten werden.

Auch der Papst war machtlos

Selbst der damalige Papst Puis XII. konnte an den Plänen nicht ändern. Denn obwohl sich der Papst für die Bewohner des Dorfes eingesetzt hatte, war die Entscheidung zur Flutung des Dorfes nicht mehr abzuwenden. So konnte der Papst lediglich die Sprengung der Kirche verhindern, deren Turm sich seitdem wie ein Mahnmal aus dem Reschensee hebt und mittlerweile zu einem populären Ziel für Ausflugsschiffe geworden ist. Wann Graun das nächste Mal komplett vom Wasser freigelegt sein wird, kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau sagen. “Das passiert erst wieder, wenn Reparaturarbeiten anstehen“, erklärt Thomas Punter von Tourismusverein Reschensee, der jedoch auch darauf hinweist, dass der Wasserstand im April und Mai immer besonders niedrig ist, so dass dann der Kirchturm fast vollständig sichtbar ist.

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