Finanzausschuss berät in Sondersitzung über Wirecard-Skandal


Keine vollständige Aufklärung am Mittwochabend erwartet

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sich bei einer Sondersitzung des Bundestags-Finanzausschusses den bohrenden Fragen der Abgeordneten zum Wirecard-Skandal gestellt. Scholz sei “bemüht” und zeige die “Bereitschaft zur Aufklärung”, sagte der Obmann der CDU/CSU im Finanzausschuss, Hans Georg Michelbach, am Mittwochabend. Es gebe aber noch viele offene Fragen. Auch der digitalpolitische Sprecher der SPD, Jens Zimmermann erwartete, dass noch “Fragen übrig bleiben”. Vor der Sitzung hatten sich die Rufe nach einem Untersuchungsausschuss gemehrt – auch von der Union.

Die Aufarbeitung des mutmaßlichen Milliardenbetrugs beim mittlerweile insolventen Münchner Finanzdienstleister sei “sehr umfassend, viele Fragen müssen beantwortet werden”, sagte Michelbach. Wirecard sei ein Finanzunternehmen mit 56 Untergesellschaften, von denen nur eine von der Finanzaufsicht geprüft worden sei. “Es wird weiter aufgeklärt werden müssen”, sagte Michelbach.

Die Sitzung dauerte am Abend zunächst weiter an. Michelbach sagte, er rechne für diesen Tag mit “keiner abschließenden Meinungsbildung”. Der SPD-Politiker Zimmermann sprach von einer “komplexen Materie”. Scholz weiche keiner Frage aus, hob er hervor. Im Fall des Münchner Finanzdienstleisters müsse auch untersucht werden, “was eigentlich in Bayern los gewesen” sei.

Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Lisa Paus, zeigte sich mit der Auskunftsbereitschaft der Bundesregierung “soweit zufrieden”. “Es wurde nichts abgelehnt.” Sie gebe der Bundesregierung deshalb noch “deutlichen Kredit dafür, dass wir gemeinsam die Aufklärung voranbringen”. Sollte das nicht gelingen, wäre ein Untersuchungsausschuss nötig sein.

Linkspartei und AfD hatten bereits vor der Sitzung auf einen Untersuchungsausschuss festgelegt. Die FDP hatte die Sondersitzung als letzte Chance zur Aufklärung für die Bundesregierung bezeichnet. Auch die Union signalisierte Zustimmung zur Einsetzung eines solchen Gremiums.

Die SPD dagegen ist nach den Worten ihres digitalpolitischen Sprechers Jens Zimmermann der Auffassung, “dass der Finanzausschuss der richtige Ort der Aufklärung ist”. Das Finanzministerium habe schon jetzt “intensiv zur Aufklärung” des Wirecard-Skandals beigetragen.

Scholz steht unter Druck. Er war bereits im Februar 2019 über Ermittlungen der Finanzaufsichtsbehörde Bafin gegen Wirecard informiert worden. Nach dem Finanzminister sollte auch noch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im Finanzausschuss befragt werden. Er muss mit scharfen Fragen zum Versagen der Prüfgesellschaften bei Wirecard rechnen.

Im ZDF-“Morgenmagazin” hatte sich Scholz gegen den Vorwurf der schleppenden Aufklärung gewehrt. “Es gibt für dieses Problem nur eine einzige richtige Vorgehensweise: Voran, nichts verbergen, aktiv an Spitze der Aufklärung stehen und dafür zu sorgen, dass alle Sachen geklärt werden”, sagte der Minister. Er habe dafür gesorgt, “dass nicht gewartet wird, dass man sich nicht wegduckt”.

Wirecard hatte Ende Juni Insolvenz angemeldet. Zuvor hatte das Unternehmen einräumen müssen, dass in der Bilanz aufgeführte Gelder von 1,9 Milliarden Euro, die vermeintlich auf asiatischen Bankkonten lagern sollten, nicht auffindbar seien. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt in dem Fall. Sie geht von gewerbsmäßigem Bandenbetrug aus.

Auch das Kanzleramt hatte sich in Verbindung mit einer China-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im September 2019 für Wirecard eingesetzt. Trotz des Drängens der Opposition war bei der Sitzung am Mittwoch aber kein Vertreter des Kanzleramts dabei.

by Von Marc MUDRAK

Beliebteste Artikel Aktuell: