Gewerkschaften und SPD zweifeln an Rückkehr zu Regelbetrieb an Schulen


Weiterhin Diskussionen um Maskenpflicht – FDP fordert “Digitalpakt 2.0”

Angesichts der anhaltenden Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland haben SPD und Gewerkschaften massive Zweifel an der Rückkehr zum Regelunterricht geäußert. “Ich halte die Rückkehr zur gewohnten Normalität an den Schulen für eine Illusion und die Aufgabe von Abstandsregeln für sehr problematisch”, sagte SPD-Chefin Saskia Esken den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft vom Dienstag. Auch die Gewerkschaften VBE und GEW warnten zum Beginn des Schuljahrs vor den Risiken eines Normalbetriebs.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) bekräftigte derweil die Bedeutung einer schnellen Rückkehr zum Normalbetrieb an Schulen. “Sie können einfach nicht alles durch Fernunterricht, durch digitalen Unterricht ersetzen”, sagte er im Sender Welt TV. “Die Schülerinnen und Schüler müssen irgendwo rein, sie müssen sich gegenseitig sehen.” Deswegen habe die Rückkehr zum Regelbetrieb nun “ganz große Priorität”, ergänzte Brinkhaus.

Esken forderte mit Blick auf den teilweise geplanten Verzicht auf bestimmte Schutzmaßnahmen an Schulen entsprechende Vorkehrungen. Nötig seien Unterrichtskonzepte, “die die Kontakte beschränken”, sagte Esken. Unterricht, zu dem beispielsweise für Sport oder Fremdsprachen verschiedene Gruppen zusammenkommen, müsse in Zeiten des Coronavirus anders organisiert werden. “In dieser Situation muss man vielleicht die Wahlmöglichkeiten einschränken.”

Auch die Lehrergewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE) hält eine Rückkehr zum Regelschulbetrieb für unrealistisch. “Es wird keinen flächendeckenden, vollumfänglichen Regelschulbetrieb wie vor Corona geben”, sagte ihr Bundesvorsitzender Udo Beckmann der “Welt”. Die Politik habe eine Illusion geweckt und etwas als realisierbar dargestellt, “was selbst bei gleichbleibend niedrigem Infektionsgeschehen nicht umgesetzt werden könnte”.

In diesen Tagen beginnt in den ersten Bundesländern nach dem Ende der Sommerferien das neue Schuljahr. Prinzipiell geht damit eine Rückkehr zum regulären Präsenzunterricht einher, der während der ersten Phase der Corona-Pandemie im Frühjahr ausgesetzt wurde. In Klassenräumen gilt der Mindestabstand von eineinhalb Metern nicht. Mit Blick auf weitere Schutzmaßnahmen, insbesondere die Pflicht zum Maskentragen, gehen die Länder unterschiedliche Wege.

In Nordrhein-Westfalen müssen Alltagsmasken nach Festlegung durch die Landesregierung auch während des Unterrichts getragen werden. Andere Länder wie Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern entschieden sich dagegen dafür, diese nur außerhalb des Unterrichts etwa für Pausen vorzuschreiben. Auch Rheinland-Pfalz und Brandenburg entschieden sich laut Südwestrundfunk und Rundfunk Berlin-Brandenburg für diese Option und gegen eine Pflicht im Unterricht.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte kritisierte die nordrhein-westfälische Regelung. “Das Tragen einer Mund-Nase-Maske im Unterricht ist nicht sinnvoll, ein längeres Maskentragen beeinträchtigt bei Schülern die Leistungsfähigkeit”, sagte Präsident Thomas Fischbach den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Auch Schülervertreter warnten vor negativen Folgen für die Konzentration und die Beteiligung am Unterrichtsgeschehen.

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnte zum Beginn des neuen Schuljahrs vor einem “hohen Risiko” durch die Schulöffnungen. Alle Beteiligten müssten vorsichtig sein und das Abstandsgebot einhalten, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe der “Passauer Neuen Presse”. Grundsätzlich sei es zwar gut, dass es wieder losgehe. Sie befürchte aber, dass es in “manchen Schulen” keinen normalen Regelbetrieb geben könne.

Angesichts der Probleme wegen der Corona-Pandemie forderte die FDP zusätzliche Investitionen in die digitale Ausstattung von Schulen und die entsprechenden Bildungskonzepte. “Ein Digitalpakt 2.0 ist überfällig”, schrieb die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Katja Suding, in einem Gastbeitrag für den Berliner “Tagesspiegel”. Schulen bräuchten unter anderem dauerhafte Unterstützung für Ausstattung und Wartungsarbeiten.

by John MACDOUGALL

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