Journalist Schwan muss Auskunft über Kopien von Kohl-Tonbändern geben


Witwe Kohl-Richter setzt sich in Verfahren vor Bundesgerichtshof durch

Im Dauerstreit um Tonbandaufnahmen von Altbundeskanzler Helmut Kohl muss der Journalist Heribert Schwan dessen Witwe Maike Kohl-Richter nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) Auskunft über den Verbleib und die Anzahl von Kopien sowie Abschriften der Bänder geben. Das entschieden die Richter am Donnerstag in Karlsruhe. Kohl-Richer steht demnach ein entsprechender Auskunftsanspruch zu, um etwaige Schadenersatzansprüche konkretisieren zu können. (Az. III ZR 136/18)

Kohl-Richter betreibt das Zivilverfahren, um in einem späteren Schritt finanzielle Forderungen gegen Schwan geltend machen zu können. Der Rechtsstreit wurde bereits von Kohl selbst begonnen und nach dessen Tod 2017 von seiner Witwe und Erbin fortgesetzt. Schwan war der Ghostwriter für Kohls Memoiren und nahm hierfür 200 Tonbänder mit insgesamt 630 Stunden persönlicher Erinnerungen des Altkanzlers auf. Später überwarfen sie sich, Kohl kündigte die Zusammenarbeit auf und verlangte das Material zurück.

In einem Rechtsstreit um die Eigentumsrechte an den Aufzeichnungen entschied der BGH bereits 2015 abschließend zugunsten Kohls. Das höchste deutsche Gericht stellte fest, dass die Bänder und die darauf festgehaltenen Erinnerungen Kohl gehören. Schwan habe sie im Zuge eines Auftragsverhältnisses erlangt, in dem klar geregelt gewesen sei, dass Kohl Herr des Materials und seiner Erinnerungen bleibe. Der Journalist sei dazu verpflichtet, dieses zu übergeben.

In der Folge entwickelte sich dann ein Rechtsstreit um die Frage, ob Schwan das gesamte Material ausgehändigt und Kohl hinsichtlich der Existenz möglicher Kopien und Abschriften getäuscht hat. 2010 versicherte er dem Exkanzler laut BGH schriftlich, über keine der von diesem zuvor angeforderten Unterlagen zu verfügen. 2014 sagte er aber in einem Interview, er habe Kopien der Bänder im In- und Ausland verteilt, an die “man nicht so schnell drankommen” werde.

Nach Überzeugung des BGH führte Schwan Kohl mit seiner Zusicherung von 2010 “vorsätzlich in die Irre”, was die Grundlage für mögliche Ansprüche auf Schadenersatz sei. Daher sei das von Kohl und später von dessen Witwe eingeklagte Auskunftsrecht noch nicht verjährt. Schwan müsse die Informationen bereitstellen, damit Kohl-Richter klären könne, ob sie einen finanziellen Ausgleich verlangen könne.

Verjährt ist das Auskunftsrecht laut BGH lediglich in Bezug auf Informationen zum Verbleib einiger ergänzender schriftlicher Dokumente, die Kohl bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls von Schwan zurückforderte. In diesem Fall habe Kohl bereits seit 2012 gewusst, dass Schwan noch in deren Besitz gewesen sei, betonten die Richter. Der Altkanzler habe daher bereits damals gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten können.

Mit seiner Entscheidung vom Donnerstag korrigierte der BGH in Teilen das Urteil der Vorinstanz. Das Oberlandesgericht (OLG) in Köln hatte bereits eine Auskunftspflicht über die Existenz von Kopien der Bänder bestätigt, aber Abschriften wegen Verjährung ausgenommen. Der BGH stellte im Revisionsverfahren nun fest, dass Schwan auch über schriftliche Protokolle der Bänder informieren muss.

Der Rechtsstreit zwischen Kohl beziehungsweise Kohl-Richter sowie Schwan wird auch noch an anderer Front geführt. In einem weiteren Verfahren verlangte Kohl von Schwan Schadenersatz wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Das Landgericht Köln sprach ihm im April 2017 eine Million Euro zu. Im Mai 2018 urteilte dann das OLG, mögliche Ansprüche seien durch den Tod des Altkanzlers erloschen. Auch dieses Verfahren ist inzwischen beim BGH anhängig.

by Thomas Lohnes

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