Bei ihrem Besuch im Vatikan hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bedeutung der Aufarbeitung der zahlreichen Fälle von Kindesmissbrauch in der Katholischen Kirche betont. Sie habe in Rom das Kinderschutzzentrum der Päpstlichen Universität Gregoriana besichtigt, das sich mit Fällen des Kindesmissbrauchs und deren Aufarbeitung beschäftige, sagte die Kanzlerin am Donnerstag. Mit ihrem Besuch habe sie unterstreichen wollen, "dass wir glauben, dass die Wahrheit ans Licht kommen muss und dass das Thema Kindesmissbrauch aufgearbeitet werden muss".
Auch bei ihrer Privataudienz mit Papst Franziskus habe das Thema eine bedeutende Rolle gespielt. "Es bedarf des Vertrauens der Christen, der Gläubigen in ihre Kirche, und deshalb ist das aus meiner Sicht ein sehr wichtiges Projekt", betonte die Kanzlerin. Deutschland habe das Vorhaben in den vergangenen Jahren "stark befördert".
Mit Papst Franziskus habe sie sich nicht nur über die Situation der Kirche ausgetauscht, "sondern auch über die politischen Herausforderungen, vor denen wir stehen", sagte Merkel. Eine große Rolle habe etwa die bevorstehende Weltklimakonferenz in Glasgow gespielt. Die Kanzlerin bezeichnete es als "wichtig und ermutigend, dass auch in der katholischen Kirche das Thema Bewahrung der Schöpfung" von großer Bedeutung sei.
Nach dem Treffen mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche trifft sich Merkel zu einem Arbeitsessen mit dem italienischen Regierungschef Mario Draghi. Es sei gleichzeitig ein Antritts- und Abschiedsbesuch bei Draghi, sagte die Kanzlerin vor dem Treffen.
Im Mittelpunkt der Gespräche mit dem italienischen Ministerpräsidenten stehen nach Angaben der Bundesregierung aktuelle internationale sowie europapolitische Themen. Unter Draghi und seiner "sehr inklusiven Regierung" sei in Italien "einiges auf dem Weg", hatte Merkel gesagt. Sie freue sich auf den Besuch, denn sie habe bereits "gemeinsam mit ihm Krisen gemeistert, da war er noch Chef der Europäischen Zentralbank".
Am Nachmittag nimmt die Kanzlerin dann zusammen mit dem Papst vor dem Kolosseum in Rom an der Abschlussveranstaltung des Friedenstreffens der Gemeinschaft Sant' Egidio teil und hält dort eine Rede. Merkel war während ihrer 16-jährigen Amtszeit mehrfach von Franziskus und seinem Vorgänger Benedikt XVI. zu Privataudienzen empfangen worden.
by Alberto PIZZOLI