Susanne Fröhlich: So viel Geld lässt sich beim Weltretten sparen


Tipps für Einsteiger

“Wenn man sich mal ganz schnell in eine Spaßbremse verwandeln will, dann braucht man nur zu sagen: Ich esse kein Fleisch mehr”, erzählt Susanne Fröhlich (57) im Interview mit spot on news. In ihrem neuen Buch “Weltretten für Anfänger” (Gräfe und Unzer) geht die Bestsellerautorin zusammen mit Constanze Kleis das große Thema Nachhaltigkeit an – im Selbstversuch. Hier erzählt sie von ihren Erfahrungen und gibt Weltretter-Tipps für Einsteiger.

Was macht es für viele Menschen über 40 schwerer, sich zu entschließen, etwas für die Weltrettung zu tun?

Susanne Fröhlich: Wir haben einfach einen rundum durchorganisierten, vollgestellten Alltag, der läuft, ohne, dass wir noch über jede Einzelheit nachdenken müssen und auch wollen. Wir haben uns außerdem etwa unsere Partner nicht danach ausgesucht, ob sie im Discounter kaufen oder im Biomarkt. Wir haben vielmehr Männer, die glauben, ohne ihre tägliche Fleischration nicht leben zu können. Wir hatten zudem ein paar Jahrzehnte mehr Gelegenheit gehabt, uns an all die Bequemlichkeiten zu gewöhnen, die den Planeten erst in die Schieflage gebracht haben: Shopping, Flugreisen, kuschelig warm geheizte Wohnungen. Das gibt man nicht so gern wieder her.

Wie waren die Reaktionen in Ihrem Umfeld auf die Änderungen, die Sie vorgenommen haben?

Fröhlich: Unsere Erfahrung: Wenn man sich mal ganz schnell in eine Spaßbremse verwandeln will, dann braucht man nur zu sagen: Ich esse kein Fleisch mehr! Oder ich fliege nicht mehr innerdeutsch! Das war am Anfang etwas frustrierend. Man stellt sich ja vor, man tut etwas Gutes und will dafür zwar keinen Heiligenschein, aber doch wenigstens keinen Abzug in der Sympathiepunkteskala. Bis auf wenige Ausnahmen, sollte man deshalb eher mit verschnupften Reaktionen rechnen. Mit Diskussionen, warum es trotz der Chinesen, die ja angeblich viel schlimmer sind – was so auch nicht stimmt -, durchaus Sinn macht, die Heizung herunterzudrehen und mit der Bahn zu fahren.

Was war für Sie die größte Herausforderung?

Fröhlich: Es gab viele kleine – wie etwa sich mit einem Hobel die Beine zu rasieren statt des Plastik-Einweg-Lady-Shavers, ohne sich dabei den Unterschenkel zu amputieren. Und natürlich, dass ich jetzt viel weniger heize. Ich habe es nämlich gern kuschelig warm. Zu den größeren zählt sicher, dass jeder Kauf überlegt werden will. Einfach so Warenkörbe zu füllen mit keinem weiteren Entscheidungskriterium als dem ‘Habe ich da Lust drauf?’, geht nicht mehr. Und dann natürlich die enervierenden Diskussionen, die sich darum drehen, warum ich eigentlich noch Auto fahre, wo ich doch Weltretterin werden will oder mir doch eine neue Bluse gekauft habe. Das ist aber auch das Thema unseres Buches: Wir können nicht perfekt sein. Einfach weil wir wohnen, essen, uns bewegen. Aber wir können versuchen, besser zu werden. Sehr viel besser, übrigens.

Gehen Sie weiter in Unverpackt-Läden?

Fröhlich: Natürlich. Wenn ich die Gelegenheit habe. Allerdings gilt es auch hier – wie bei so vielem anderen – abzuwägen: Ich muss, um unverpackt einzukaufen, in die Stadt. Da komme ich aber nur hin, wenn ich mit dem Auto fahre. Ich versuche also, eher im Nahumfeld “lose” zu kaufen: Obst, Gemüse aus der Region etwa.

Online-Shopping ist beliebt, aber problematisch. Was sind Ihre wichtigsten Tipps, wenn es um Kleidung geht?

Fröhlich: Einmal in den Kleiderschrank schauen, um zu sehen, was man schon alles hat. Bei mir würde es – theoretisch – bis an ein – sehr optimistisch berechnetes – Lebensende reichen. Dann auch mal ausmisten – und nicht etwa wegwerfen. Wir haben angefangen, private Flohmärkte zu veranstalten, wo wir Kleider an andere weitergeben und oft selbst etwas finden, das uns gefällt. Dann haben wir das Prinzip “Sonntagskleid” wiederentdeckt. Meint, lieber etwas mehr ausgeben, in gute – nachhaltige – Qualität investieren und seine Sachen pflegen – damit man lange Freude daran hat.

Sie haben auch versucht, Ihre Haare mit Wasser und Roggenmehl zu waschen. War das die unangenehmste Erfahrung für Sie?

Fröhlich: Constanze würde sagen, die unangenehmsten Erfahrungen sind regelmäßig beim Bahnfahren zu machen. Aber sie hat im Unterschied zu mir auch wirklich ein mieses Bahn-Karma. Unangenehm fand ich all die enervierenden Diskussionen, auch um die Frage, ob es überhaupt einen Klimawandel gibt. Nein, der Roggenmehl-Versuch war eher lustig und ein weiteres Beispiel dafür, dass wir ab 50 einfach einen anderen Zugang zu dem Thema haben. Mit zwanzig sieht man einfach auch mit strähnigen Haaren super aus. Das gilt leider nicht für uns. Constanze und ich haben vielleicht aber auch nicht gerade optimale Haar-Bedingungen. Bei uns fühlte es sich eher so an, als hätten wir ein neues Feuchtbiotop geschaffen.

Wie sieht Ihre finanzielle Bilanz aus, ist Weltretten etwas für Besserverdienende?

Fröhlich: Man kann auf jeden Fall sagen: Weltuntergang ist etwas für Besserverdienende – oder auch “vornehm geht die Welt zu Grunde”. Es sind ja nachweislich die, die sich die großen Autos, die üppigen Häuser, die vielen Flugreisen leisten können, die den Planeten so in Schieflage bringen. Weltretten spart da vor allem Geld: weniger Shoppen, weniger Heizen, kleinere Autos und vor allem – weniger Fliegen. Es gibt Studien, die belegen, dass etwa auch eine gesunde – fleischlose – Ernährung durchaus günstiger ist als eine mit Fleisch. Und wenn man sich auch all der Shopping-Verlockungen enthält – denn mittlerweile ist ja auch “Bio”, “Natur”, “nachhaltig” ein großer Markt – und überhaupt weniger kauft, könnte die Bilanz schon sehr zu Gunsten des Weltrettens ausfallen.

Was sind Ihre drei Einsteiger-Tipps für Menschen, die selbst mit dem Weltretten beginnen wollen?

Fröhlich: Zunächst: Selbsterkenntnis. Testen Sie einfach mal Ihren ökologischen Fußabdruck im Internet. Das wird Ihnen sicher – wie mir – die Augen öffnen. Ganz interessant ist auch, sich einmal seine Tagesdosis CO2 berechnen zu lassen und etwa zu sehen, dass man sich mit einem einzigen Burger eigentlich schon wieder ins Bett legen kann – weil damit so ziemlich alles verbraucht ist. Dann: den Haushalt begehen und Bilanz ziehen, was brauche ich wirklich, was muss ich endlich mal verbrauchen, muss es so warm sein, dass man auch im Winter nackt herumlaufen könnte? Was kann ich wieder in den endlosen Kreislauf der gebrauchten Dinge einspeisen – so wie Bücher, Kleider und all das Zeug, das im Keller lagert. Und natürlich auch die Ernährung auf den Prüfstand stellen. Zum Glück ist alles, was der Umwelt dient, auch gesund. Noch so ein Beispiel, dass Weltretten eigentlich ein Bonus-Programm ist – und längst nicht der Verzicht, den alle darin vermuten.

(hub/spot)

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