US-Präsident Trump nominiert Amy Coney Barrett als neue Verfassungsrichterin


Erzkonservative 48-Jährige soll Ruth Bader Ginsburg am Supreme Court nachfolgen

Ungeachtet aller Kritik hat US-Präsident Donald Trump kurz vor der Wahl am 3. November die erzkonservative Bundesrichterin Amy Coney Barrett als neue Verfassungsrichterin nominiert. Barrett soll den durch den Tod der liberalen Richterin Ruth Bader Ginsburg frei gewordenen Platz am Obersten Gerichtshof einnehmen, wie Trump am Samstag bekanntgab. Er bezeichnete die 48-jährige Katholikin und Mutter von sieben Kindern als “einen der brillantesten und talentiertesten juristischen Köpfe” des Landes. Die Demokraten protestierten und forderten, der Senat solle erst nach der Präsidentenwahl über die Personalie entscheiden.

Trump sagte, seine dritte Nominierung für den Supreme Court sei für ihn ein “großer Augenblick”. “Sie werden fantastisch sein”, sagte er über die strikte Abtreibungsgegnerin Barrett, die im Rosengarten des Weißen Hauses an seiner Seite stand.

Die Nominierung muss vom Senat bestätigt werden, wo Trumps Republikaner eine Mehrheit von 53 der 100 Senatoren stellen. Trump sagte, der Senat werde seiner Nominierung nun “sehr schnell” zustimmen. Die Anhörungen sollen am 12. Oktober beginnen, das Votum soll dann bereits Ende Oktober stattfinden – nur wenige Tage vor der Präsidentenwahl.

Die liberale Juristin Ginsburg war vergangene Woche im Alter von 87 Jahren an Krebs gestorben. Mit der Neubesetzung des vakanten Postens am Supreme Court kann Trump die konservative Mehrheit in dem neunköpfigen Richtergremium ausbauen – von bislang fünf zu vier auf sechs zu drei – und auf Jahre festlegen. Die oppositionellen Demokraten hatten Trump vergeblich aufgefordert, die Entscheidung dem Sieger der Wahl am 3. November zu überlassen.

Die 48-jährige Barrett war bereits vor zwei Jahren als Verfassungsrichterin im Gespräch, als es um die Nachfolge des in Rente gegangenen Richters Anthony Kennedy ging. Die Katholikin gilt als streng konservativ. Sie lehnt das Recht auf Abtreibung ab – ein zentrales Streitthema zwischen den tief gespaltenen politischen Lagern in den USA.

In der Vergangenheit hat sie sich auch für das Recht auf Waffenbesitz eingesetzt und ist gegen die als “Obamacare” bekannte Gesundheitsreform von Trumps Amtsvorgänger Barack Obama vorgegangen. Der Chef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, sagte, Ginsburg würde sich “sicherlich im Grab umdrehen”, wenn sie mitbekäme, dass ausgerechnet eine Frau ihre Nachfolgerin werden soll, “die entschlossen scheint”, alles wieder rückgängig zu machen, was Ginsburg erreicht habe.

Nach ihrer Nominierung versuchte Barrett, die Wogen zu glätten. Nach einer Würdigung Ginsburgs sagte sie im Rosengarten des Weißen Hauses, sie werde das “geschriebene Gesetz” umsetzen. Richter seien keine Politiker.

Die Besetzung des obersten Gerichts ist in den USA von höchster politischer Brisanz. Wegen der starken Polarisierung des Landes hat der Supreme Court häufig in Schlüsselfragen wie etwa zum Recht auf Abtreibung und Obamacare das letzte Wort. Zudem werden die Verfassungsrichter auf Lebenszeit ernannt, womit ihre Nominierung potenziell Auswirkungen für Jahrzehnte hat.

Trumps demokratischer Herausforderer Joe Biden forderte die Senatoren am Samstag erneut auf, nicht vor der Präsidentschaftswahl über die Neubesetzung des Richterpostens zu entscheiden. Auch zwei republikanische Senatorinnen haben bereits Bedenken dagegen angemeldet, entgegen der Gepflogenheiten vor der Wahl noch einen neuen Verfassungsrichter ins Amt zu bringen.

Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, hat jedoch eine schnelle Entscheidung in Aussicht gestellt. Im Jahr 2016 hatte McConnell über zehn Monate vor der Präsidentschaftswahl hinweg den Nominierungsprozess für einen von Obama vorgeschlagenen Nachfolger für einen verstorbenen konservativen Richter blockiert. Nun sind es nicht einmal mehr sechs Wochen bis zur Wahl.

Trump hat noch einen weiteren Grund, warum er den Posten im Obersten Gericht möglichst rasch mit einer ihm gegenüber loyalen Juristin besetzen will: Er selbst hat in Aussicht gestellt, dass der Ausgang der Präsidentschaftswahl umkämpft sein wird und letztlich vor dem Obersten Gerichtshof landen könnte.

Einer Umfrage im Auftrag der Zeitung “Washington Post” und des Senders ABC zufolge sind 57 Prozent der US-Bürger gegen eine rasche Neubesetzung des Postens. 38 Prozent sind dafür.

by Von Sebastian Smith

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