Auf den ersten Blick ist der Preis für Gas auf dem Weltmarkt seit Wochen zurückgegangen. Am vergangenen Montag war der Preis für eine Megawattstunde Gas erstmals wieder unter 100 Euro gefallen und damit auf dem niedrigsten Niveau seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine. Experten warnen nun jedoch davor, das es für den Preisverfall Gründe gibt, die sich ganz schnell wieder umkehren können – Deutschland muss weiter aufpassen – so ist die Lage!
Experten machen den niedrigen Gaspreis im Augenblick vor allem am milden Herbst fest. Denn auch aus diesem Grund verbrauchen die Deutschen zur Zeit weniger Gas als gewohnt. Gleichzeitig sind die Gasspeicher in Deutschland prall gefüllt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Deutschland nicht in der Lage ist, noch mehr Gas einzuspeichern. Ähnlich sieht es auch in vielen anderen europäischen Ländern aus. Dies hat zur Folge, dass die Nachfrage im Augenblick bei gleichem Angebot sinkt, was sich dann in fallenden Preisen für Gas widerspiegelt. Zudem sind die Leistungen der erneuerbaren Energien in Europa in diesem Herbst erstaunlich hoch. Aus diesem Grund wird weniger Gas für die Stromproduktion verbraucht. Dabei handelt es sich um einen weiteren Faktor der auf den Preis drückt. Trotzdem dürfte das Gas für die Verbraucher billiger werden. Denn nach Meinung der Energieexperten täuscht der billige Gaspreis im Augenblick. Dieses günstige Gas kann wegen der vollen Speicher nicht eingespeichert werden. Wären nämlich noch Speicherkapazitäten vorhanden, dann wären die Nachfrage und der Preis nach Gas nämlich höher. Im Klartext bedeutet dies, dass das Gas günstig ist, weil durch die vollen Gasspeicher die Nachfrage fehlt. Generell kaufen Gasunternehmen ihre Gasreserven 6 Monate vor dem Weiterverkauf an die Kunden. Diese werden nun also nicht in den Genuss von günstigeren Gaspreisen kommen. Wenn es kälter wird und der Verbrauch an Gas ansteigt, werden sich die Speicher dann leeren und die Nachfrage nach Gas ansteigen. Dann dürfte auch der Preis wieder in die Höhe schießen.
Nach Meinung von Tom Marzek-Manser, der als Analyst beim britischen Unternehmen ICIS angestellt ist, seien die aktuellen niedrigen Gaspreise auf lange Sicht nicht realistisch. Dieser argumentiert, dass ein Kälteeinbruch im Winter wieder zu steigenden Preisen führen könnte. Bis die Abhängigkeit von russischem Gas in Europa nicht vollkommen der Vergangenheit angehöre, müsse man immer wieder mit einem starken Ansteigen der Gaspreise rechnen. Auch die gedrosselte Nachfrage nach Gas aus der Industrie trägt zu dem niedrigen Gaspreis bei. Viele Unternehmen haben ihre Produktion Herr und ihren Verbrauch heruntergefahren. Weil die Preise nun aber sinken, könnten sich diese Unternehmen jetzt verstärkt wieder eindecken. Dann könnte die Nachfrage wieder Fahrt aufnehmen und den Preis wieder nach oben treiben. Der Effekt würde dann sozusagen auf den kommenden Winter verschoben werden, warnen die Experten. Denn dann könnte es für die europäischen Länder ab dem kommenden Frühjahr deutlich schwerer werden, ihre Speicher für den Winter 2023/2024 zu füllen.
