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Haseloff in zweitem Wahlgang als Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt bestätigt

CDU-Politiker fehlten in erstem Anlauf Stimmen aus eigenen Reihen

Mehr als drei Monate nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt ist Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in seinem Amt bestätigt worden. Der 67-Jährige schaffte die Wahl am Donnerstag im Magdeburger Landtag erst im zweiten Anlauf, weil ihm im ersten Wahlgang einige Abgeordnete aus den eigenen Koalitionsreihen zunächst die Gefolgschaft verweigerten. Nach der Wahl wurde Haseloff, der seit zehn Jahren Regierungschef in Sachsen-Anhalt ist, vereidigt.

Im zweiten Wahlgang erhielt der CDU-Politiker 53 von 97 Abgeordnetenstimmen und erreichte damit die notwendige Mehrheit. Mindestens 49 Stimmen wären für die Wahl nötig. 43 Abgeordnete stimmten mit Nein, ein Parlamentarier enthielt sich. Damit erhielt Haseloff drei Stimmen weniger, als die Fraktionen der geplanten Koalition aus CDU, SPD und FDP Abgeordnete haben.

Im ersten Wahlgang war Haseloff zunächst durchgefallen. Ihm fehlte mindestens eine Stimme, obwohl die künftigen Koalitionäre zusammen 56 Abgeordnete und damit eine komfortable Mehrheit haben. Haseloff fehlten allerdings im ersten Durchgang ganze acht Stimmen aus dem schwarz-rot-gelben Lager.

CDU, SPD und FDP beantragten daraufhin eine einstündige Auszeit für Krisensitzungen. CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt mahnte vor dem zweiten Wahlgang alle Abgeordneten der Koalition, sich an den Koalitionsvertrag zu halten, in dem “ausdrücklich” die gemeinsame Wahl des Ministerpräsidenten vereinbart worden sei.

Beobachter werteten das Abstimmungsergebnis als möglichen “Denkzettel” des rechtskonservativen Teils der CDU-Fraktion gegen Haseloff. Einige Politiker in Sachsen-Anhalts CDU hatten in der Vergangenheit wenig Berührungsängste mit der AfD gezeigt, während Haseloff jegliche Zusammenarbeit mit der Partei ablehnt. Dies führte auch zu innerparteilichen Machtproben.

Ende vergangenen Jahres entließ Haseloff seinen damaligen Innenminister Holger Stahlknecht, der zu dieser Zeit auch CDU-Landeschef war, nachdem dieser im Zuge des Streits um den Rundfunkbeitrag für den Fall eines Koalitionsbruchs eine CDU-Minderheitsregierung ins Spiel gebracht hatte. Diese aber wäre praktisch auch auf Stimmen der AfD angewiesen gewesen. Stahlkecht sitzt auch wieder im neuen Landtag.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gratulierte Haseloff zur Wiederwahl. “Er ist eine starke Stimme der neuen Länder, setzt sich mit Herzblut für Sachsen-Anhalt ein und ist ein starker Kämpfer gegen die AfD”, erklärte er. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nannte Haseloff einen “Fels in der Brandung in stürmischer Zeit” und bescheinigte ihm “große Führungsstärke”.

Haseloff ist seit 2011 Regierungschef. Auch bei der Ministerpräsidentenwahl 2016 wurde er est im zweiten Wahlgang gewählt. Bei der zurückliegenden Landtagswahl am 6. Juni wurde die CDU mit deutlichem Abstand stärkste Partei. Für die Christdemokraten, die in den vergangenen fünf Jahren mit SPD und Grünen regiert hatten, gab es nach der Wahl rechnerisch verschiedene Optionen.

Die CDU-Landesspitze sondierte auch mit ihren bisherigen Partnern von den Grünen, zu einer Neuauflage der Zusammenarbeit kam es aber nicht. Nach wochenlangen Verhandlungen unterzeichneten CDU, SPD und FDP am vergangenen Montag den gemeinsamen Koalitionsvertrag. Dieser sieht unter anderem auf ein Corona-Sondervermögen in Höhe von anderthalb Milliarden Euro vor, um die Folgen der Pandemie abzumildern. Außerdem soll in Sachsen-Anhalt die Entbürokratisierung vorangetrieben werden.

In der neuen Regierung übernimmt die CDU die Ressorts für Finanzen, Bildung, Justiz, Inneres und ein Ministerium für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten und ist zudem über die Staatskanzlei für die Kultur zuständig. Die SPD verantwortet das Sozialministerium sowie das Ministerium für Wissenschaft, Klimaschutz, Umwelt und Energie. Die FDP übernimmt das Ministerium für Landesentwicklung, Digitalisierung und Verkehr.

by Ronny Hartmann

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