25973:

Richterbund dringt auf Korrektur von Kinderpornografie-Strafen in Bagatellfällen

Vor der am Donnerstag beginnenden Justizministerkonferenz dringt der Deutsche Richterbund auf eine Korrektur der 2021 drastisch verschärften Strafvorschriften gegen Kinderpornografie. Das sei aus Sicht der Justizpraxis "dringend erforderlich", erklärte Richterbund-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn am Mittwoch. Die Änderungen seien "gegen den Rat aller Experten durchgesetzt worden", und deren Bedenken hätten sich voll bestätigt. Staatsanwaltschaften und Gerichte müssten sich mit einer Vielzahl von Fällen befassen, "die eigentlich nicht vor die Strafgerichte gehören".

So droht zum Beispiel Eltern eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr, die in Klassenchats ihrer Kinder auf Fälle von Kinderpornografie stoßen und die Schulleitung darauf hinweisen wollen, indem sie die Dateien weiterleiten. "Durch das geltende Strafrecht wird die vermeintlich gute Tat des Aufklärens zum Bumerang", kritisierte Rebehn. "Schriftliche Strafbefehle oder Einstellungen von Verfahren gegen Auflagen sind auch in derartigen Fällen nicht mehr möglich."

Auch wenn Jugendliche einander Nacktfotos von sich selbst schickten, drohen nach dem vor zwei Jahren verschärften Recht hohe Strafen. Die große Koalition hatte damals beschlossen, Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie als Verbrechen einzustufen. Die Mindeststrafe beträgt ein Jahr Haft.

Die "überschießende Reform" erschwere eine abgestufte und angemessene Bestrafung im Einzelfall, erklärte Rebehn weiter. Sie binde zudem "viel Personal in der Strafjustiz, das dringend gebraucht würde, um eine wachsende kriminelle Szene noch intensiver zu verfolgen". Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) solle die Forderungen der Justizpraxis und der Landesjustizministerien "jetzt schnellstmöglich aufgreifen und noch vor der Sommerpause einen Vorschlag zur Korrektur der missglückten Strafvorschriften machen", so die Forderung des Richterbunds.

Die Justizministerinnen und Justizminister kommen am Donnerstag und Freitag in Berlin zu ihrer Frühjahrskonferenz zusammen.

cha/pw