169066:

Schwere Kämpfe im Gazastreifen nach US-Veto gegen Waffenruhe dauern an

Nach dem Veto der USA gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats für eine Waffenruhe im Gazastreifen hat Israel seine Militäroffensive in dem Palästinensergebiet unvermindert fortgesetzt. Nach Angaben eines israelischen Militärsprechers kämpften die Bodentruppen am Samstag in mehreren Gebieten und auch im Süden des Gazastreifens weiter gegen die radikalislamische Hamas und ihre Verbündeten. Der bewaffnete Hamas-Arm bekannte sich zu weiteren Raketenangriffen auf den Süden Israels.

Zuvor war eine Resolution im UN-Sicherheitsrat über eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen am Veto der USA gescheitert. Für den von den Vereinigten Arabischen Emiraten eingebrachten Resolutionsentwurf votierten am Freitag 13 der 15 Mitgliedsstaaten des UN-Sicherheitsrats, Großbritannien enthielt sich, Frankreich stimmte zu. Einzig die USA, die als eines der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats ein Vetorecht haben, stimmten dagegen.

Eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen sei "realitätsfremd" und "hätte vor Ort nichts verändert", sagte der stellvertretende UN-Botschafter der USA, Robert Wood, in New York. Eine solche Waffenruhe würde lediglich "die Saat für einen zukünftigen Krieg pflanzen, denn die Hamas hat keinen Wunsch nach einem dauerhaften Frieden", sagte er. Scharf verurteilte Wood auch die fehlende Verurteilung der Hamas-Gräueltaten bei deren Angriff auf Israel am 7. Oktober in dem Resolutionstext; danach hatte Israel der Hamas den Krieg erklärt.

Die Vereinigten Arabischen Emirate zeigten sich "zutiefst enttäuscht" über die Blockade der USA. Auch der französische UN-Botschafter äußerte sich enttäuscht, ebenso wie eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen, darunter Ärzte ohne Grenzen und Human Rights Watch.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erklärte, er mache die USA mitverantwortlich "für das Blutvergießen" im Gazastreifen. Diese Politik werde zu einer "Gefahr für die Welt und einer Bedrohung für Sicherheit und Frieden weltweit". Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian warnte vor einer "unkontrollierten Explosion" im Nahen Osten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warf dem UN-Sicherheitsrat vor, zu einem "Rat zum Schutz und zur Verteidigung Israels" geworden zu sein. 

Der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan dankte den USA dagegen für ihr Veto. Die USA und US-Präsident Joe Biden würden fest an der Seite Israels stehen.

UN-Generalsekretär António Guterres hatte vor der Abstimmung eindringlich für eine Waffenruhe im Gazastreifen geworben. Guterres hatte zu dem Treffen gedrängt. 

Der Krieg zwischen Israel und der Hamas war am 7. Oktober durch den Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel ausgelöst worden. An dem Tag waren hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Palästinenserorganisation vom Gazastreifen aus nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1200 Menschen getötet und rund 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. 

Als Reaktion begann Israel mit den massiven Angriffen auf Ziele im Gazastreifen. Am Samstag wurde im Norden des Küstenstreifens nach Angaben der israelischen Armee ein Waffenlager in einer Schule in einem Viertel der Stadt Gaza entdeckt. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seit dem Beginn der israelischen Offensive rund 17.490 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet, die meisten von ihnen Frauen und Kinder.

Angesichts der verheerenden humanitären Lage im Gazastreifen gab es zwischendurch eine rund einwöchige humanitäre Feuerpause, bei der auch dutzende israelische Geiseln freikamen, vor allem Frauen und Kinder. Rufe nach einer echten Waffenruhe zwischen den Konfliktparteien verhallten aber ungehört. Die israelischen Streitkräfte dehnten ihre Offensive vielmehr auf den Süden des Gazastreifens aus, der zuvor vielen Palästinensern aus dem Norden als Zufluchtsort gedient hatte.

Nach UN-Angaben sind inzwischen mehr als die Hälfte der Häuser in dem Palästinensergebiet zerstört. Rund 1,9 Millionen Menschen, etwa 85 Prozent der Bevölkerung, mussten ihr Zuhause verlassen. Die südliche Region Rafah entlang der Grenze zu Ägypten wurde zu einem riesigen Flüchtlingslager. Hilfslieferungen können seit Freitag wegen der anhaltenden Kämpfe in den anderen Gebieten nur noch dort verteilt werden.

In einem von einem israelischen Angriff schwer beschädigten Viertel von Rafah machten die Einwohner mit einer Kundgebung am Samstag ihrem Ärger über die gescheiterte UN-Resolution Luft. "Wann hat sich schon jemals eine Resolution des UN-Sicherheitsrats für unsere Sache und das palästinensische Volk eingesetzt", sagte einer der Demonstranten, Mohammed Al-Chatib.

Das WHO-Führungsgremium wird sich am Sonntag bei einem Sondertreffen zu den Palästinensergebieten mit der humanitären Lage in den Palästinensergebieten befassen. 

ans/cp