Warum Samsung ein Smartphone ohne Internet-Funktionalität anbietet



Samsung hat für den südkoreanischen Markt ein Galaxy J2 Pro vorgestellt und an einem Detail stören sich Tech-Presse und Kommentatoren gleichermaßen: W-LAN und LTE sind bei diesem Modell deaktiviert. Ein Smartphone ohne Internet! Frevel! Wie können sie nur? Ganz einfach.

Ein Smartphone ohne Internet für die Prüfungsphase

Das südkoreanische Bildungssystem ist nicht für seine Gnade bekannt und hat mit den suneung-Prüfungen sowas wie den Albtraum jedes Schülers geschaffen. Der Ausgang der achtstündigen Prüfung entscheidet nicht einfach nur über die universitären Chancen der Teilnehmer, sondern auch über so ziemlich alle weiteren Aspekte ihres beruflichen (und privaten) Lebens. Entsprechend groß ist der Druck und entsprechend wenig kann man etwaige Ablenkungen gebrauchen. Ein internetfähiges Smartphone ist aber so ziemlich die Mutter aller etwaigen Ablenkungen.

Einmal kurz was online nachgeschaut und zwanzig Minuten später findet man sich 40 Swipes weiter unten im Instagram-Feed einer Mitschülerin, oder im vierten Wikipedia-Artikel zu einem Thema das nur mit viel Liebe auch nur irgendetwas mit dem zu tun hat, was man eigentlich lernen wollte – solche Geschichten sind jedem bekannt, wenn er es nicht sogar selbst regelmäßig erlebt. Da kann man auch wenig gegen tun, die meisten dieser Apps und Seiten sind mit ihren Push-Benachrichtigungen, Auto-Refreshs und endlos scrollenden News-Feeds schließlich absichtlich zu genau diesem Zweck entworfen: Die Nutzer möglichst lange auf der Plattform zu halten.

Wenn aber jede Minute zählt, weil die anstehende Prüfung über die eigene Zukunft in einer unsinnig hierarchischen und konkurrenz-orientierten Gesellschaft entscheidet und man sich solche Ablenkungen absolut nicht leisten kann heißt es: weg mit dem Internet. Und nicht einfach das Handy in den Flugmodus setzen. Weg.

Samsung Galaxy J2 Pro: Mehr als ein Featurephone und für Schüler quasi kostenfrei

Genau hier setzt das Samsung Galaxy J2 Pro an. Es verbindet den Komfort eines modernen Smartphones (der noch weit über internet-basierte Apps hinausgeht) mit dem notgedrungenen Verzicht auf all die ablenkenden Inhalte die eben jenes Internet mit sich bringt. Dennoch ist es mehr als ein klassisches Feature-Phone, das ebenfalls Erreichbarkeit ohne Internet erlaubt und zudem sehr viel günstiger sein kann – das J2 Pro kostet 199,100 won, also 150 Euro, gut das zehnfache der günstigsten Feature Phones.

Aber das J2 Pro bietet eben nicht nur Telefonie- und SMS-Funktionen, sondern auch ein 5 Zoll qHD AMOLED-Display (960 x 540 Pixel), eine 8 Megapixel-Kamera, 16GB erweiterbaren Speicher und Android. Damit ist bereits wesentlich mehr möglich als mit eurem guten alten 3310. Mal eben schnell ein Tafelbild oder Dokument abfotografieren ist damit ebenso machbar wie das Speichern einiger Stunden an mp3-Dateien und die Nutzung des Taschenrechners oder des vorinstallierten Diodict 4 Offline-Lexikons. Vor allem aber bietet es einen Touchscreen und damit eine reguläre (QWERTY-)Tastatur, was für eine Generation wie die meine, die ohne sentimental-überhöhte T9-Krücken aufgewachsen ist, selbst fürs Schreiben einer kurzen SMS mehr oder weniger essentiell ist.

Außerdem relativiert sich das Preisargument durch ein entsprechendes Angebot seitens Samsung. Schüler vor den 2019er und 2020er Prüfungen (ja, da fangen die bereits jetzt an für zu lernen) erhalten das Galaxy J2 Pro quasi kostenlos. Nach Abschluss der Prüfung können die Schüler ihr J2 Pro nämlich gegen ein dann-aktuelles A-, S- oder Note-Modell eintauschen und erhalten die 150 Euro vom Kaufpreis abgezogen.


Die Reaktionen in und unter den Artikeln zu dieser eher ungewöhnlichen Neuvorstellung in der Tech-Presse waren wirklich spannend zu beobachten und ließen sich irgendwo zwischen Unverständnis, unangebrachtem Sarkasmus und echtem Entsetzen einordnen. Wenn man sich die Zielgruppe ansieht, wird aber deutlich, dass ein Smartphone ohne Internet eine sehr gute Idee sein kann, die nötige Selbstdisziplin in einer ziemlich anspruchsvollen Lebensphase zu erzwingen.

Gleichzeitig steht das Galaxy J2 Pro auch für alles, was Samsung ausmacht: Als Hardware-Unternehmen brauchen sie auch nicht einen Gedanken daran zu verschwenden, wie sich mit dem Galaxy J2 Pro und vor allem mit dessen Käufer noch weiter Geld verdienen lässt – abseits vom Kauf des nächsten Smartphones und genau dafür gibt es ja besagte Eintausch-Aktion. Beispielsweise für Google wäre dagegen ein Smartphone ohne Internet der schlimmste Albtraum. Wie kommt man denn da an die wertvollen Daten und wie kann man denn dem Käufer da an allen Ecken und Enden die eigenen Services andrehen? Interessiert Samsung alles absolut nicht. Dort hat man nur eine regional begrenzte Lücke zwischen unnützen Feature-Phones und alles-könnenden Smartphones entdeckt und das passende Gerät dafür parat. Alles richtig gemacht.

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