Kreml-Kritiker Nawalny setzt Hungerstreik trotz starken Hustens und Fiebers fort


44-Jähriger will medizinische Behandlung in Straflager erreichen

Der in einem russischen Straflager inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny leidet nach eigenen Angaben unter starkem Husten und Fieber, setzt seinen Hungerstreik aber fort. “Ich zitiere die offiziellen Werte der heutigen Temperaturmessung: ‘Nawalny A.A., starker Husten, Temperatur 38,1 (Grad Celsius)”, schrieb Nawalny am Montag im Onlinenetzwerk Instagram. “PS: Ich setzte meinen Hungerstreik natürlich fort.”

Der 44-Jährige hatte seinen Hungerstreik am vergangenen Mittwoch begonnen. Er will damit nach eigenen Angaben erreichen, dass ihn ein Arzt besuchen darf, um ihn wegen starker Rücken- und Beinschmerzen zu behandeln. “Ich habe ein Recht darauf, dass ein Arzt zu mir kommt und dass ich Medikamente erhalte”, schrieb Nawalny am Mittwoch auf Instagram. Ein Gefängnisarzt habe ihm bisher nur Schmerzmittel verordnet.

Nawalnys Mitarbeiter hatten sich zuletzt besorgt über dessen Gesundheitszustand gezeigt. Dieser leidet nach eigenen Angaben unter einem eingeklemmten Nerv im Rücken. Wegen unzureichender Behandlung drohe ihm deshalb der Verlust seines rechten Beins. Auch im linken Bein habe er allmählich kein Gefühl mehr.

Nach Angaben seiner Mitarbeiter hat Nawalny schon vor seinem Hungerstreik in der Haft stark abgenommen. Er verlor demnach seit seiner Ankunft in dem Straflager acht Kilogramm an Gewicht. Sein Team führte dies auf Schlafentzug zurück. Nawalny wird nach eigenen Angaben acht Mal pro Nacht von den Gefängniswärtern geweckt.

Die Gefängnisbehörde hatte Nawalnys Vorwürfe zurückgewiesen. Dieser erhalte “jegliche notwendige medizinische Hilfe”. Andere Häftlinge fühlten sich durch die nächtlichen Kontrollen zudem nicht gestört.

Nawalny, der als der größte innenpolitische Widersacher Putins gilt, war im August in Russland Opfer eines Giftanschlags geworden, für den er den russischen Geheimdienst und den Kreml verantwortlich macht. Er wurde nach Deutschland geflogen und in der Berliner Charité behandelt.

Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Moskau im Januar wurde Nawalny dann festgenommen. Im Februar wurde er in einem international kritisierten Verfahren wegen angeblicher Verstöße gegen seine Bewährungsauflagen zu mehr als zweieinhalb Jahren Haft in einem Straflager verurteilt. Der Oppositionelle ist in der berüchtigten Strafkolonie Nr. 2 in der Kleinstadt Pokrow rund hundert Kilometer östlich von Moskau inhaftiert.

Die Ärztegewerkschaft Allianz der Ärzte kündigte für Dienstag eine Protestaktion vor dem Straflager an. “Wir gehen dahin, um zu verstehen, was zum Teufel in dieser schrecklichen Kolonie los ist”, schrieb Gewerkschaftschefin Anastasia Wasiljewa, die auch Nawalnys Ärztin ist, im Onlinedienst Twitter. Das russische Justizministerium hatte die Gewerkschaft im März als “ausländischer Agent” eingestuft.

by Dimitar DILKOFF

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