Bericht: Klimaziele werden 2030 und 2040 ohne zusätzliche Maßnahmen verfehlt


Hofreiter: Union und SPD hinterlassen neuer Regierung “Trümmerhaufen”

Deutschland wird seine Klimaziele ohne zusätzliche Anstrengungen sowohl für das Jahr 2030 als auch für 2040 deutlich verfehlen. Zu diesem Schluss kommt der Projektionsbericht 2021, dessen Entwurf das Bundesumweltministerium am Donnerstag veröffentlichte. “Union und SPD sind also voll dabei, das gesetzlich vorgegebene Klimaziel zu reißen”, warfen die Grünen den Regierungsparteien vor.

Dem Bericht zufolge, der sich noch in der Ressortabstimmung befindet, würden die Emissionen bis 2030 um 49 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Vorgeschrieben sind nach dem geltenden Klimaschutzgesetz minus 65 Prozent. Für 2040 wird eine Minderung um lediglich 67 Prozent vorhergesagt, weit unter der Emissionsminderung um 88 Prozent, die das Klimaschutzgesetz vorschreibt. Über die Projektion hatte zuerst das Düsseldorfer “Handelsblatt” berichtet.

“Diese Zahlen zeigen einmal mehr, dass SPD und Union beim Klimaschutz der nächsten Regierung einen Trümmerhaufen hinterlassen”, kritisierte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Deutschland sei “weit vom Notwendigen und vertraglich Zugesagten entfernt”. Nicht einmal an einen schnelleren Kohleausstieg trauten sich Union und SPD heran, sie seien daher “ein Klimarisiko”, sagte Hofreiter der Nachrichtenagentur AFP. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte erst am Dienstag ein Vorziehen des Kohleausstiegs abgelehnt.

Für die Projektion wurden alle Maßnahmen berücksichtigt, die bis Ende August 2020 beschlossen wurden, also auch das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung sowie Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket von 2020. Das Umweltministerium wies jedoch darauf hin, dass etwa das Klimapaket der Regierung aus dem laufenden Jahr nicht berücksichtigt sei, auch nicht der deutliche Anstieg der Zertifikatepreise im Europäischen Emissionshandelssystem ETS seit Jahresbeginn sowie die laufenden Verhandlungen über die Umsetzung strengerer EU-Klimavorgaben. Insgesamt sei die Aussagekraft des Projektionsberichts “begrenzt”, hieß es.

Allerdings wird in dem Bericht bereits davon ausgegangen, dass 2030 in Deutschland 8,4 Millionen Elektroautos zugelassen sein werden. Die installierte Windkraftleistung an Land werde sich von derzeit rund 54 Gigawatt bis dahin auf 71 Gigawatt erhöht haben, die installierte Photovoltaik-Leistung von derzeit 54 Gigawatt auf 100 Gigawatt.

Die Expertinnen und Experten gehen auch davon aus, dass der CO2-Preis in den Sektoren Verkehr und Gebäude 2030 bei 125 Euro liegen wird und bis 2040 auf 275 Euro pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid ansteigt. Derzeit beträgt der Preis lediglich 25 Euro pro Tonne.

Erstellt wurde der Projektionsbericht 2021 im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) für die Bundesregierung vom Öko-Institut, dem Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung (ISI), dem Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien (IREES) sowie dem Thünen-Institut.

Der Klimaschutz-Projektionsbericht muss laut Klimaschutzgesetz alle zwei Jahre vorgelegt werden. Eigentlich hätte er bereits im März dem Bundestag zugeleitet werden müssen, die Veröffentlichung verzögert sich jedoch seit Monaten. Das Umweltministerium wies Vorwürfe zurück, der Bericht werde bewusst zurückgehalten – möglicherweise wegen der anstehenden Bundestagswahl.

Der ökologisch orientierte Fahrradclub ADFC forderte mit Blick auf die neuen Daten eine rasche Verkehrswende mit Tempo 30 innerorts. Im Verkehrssektor seinen bislang kaum Fortschritte erreicht worden.

by DIMITAR DILKOFF

Beliebteste Artikel Aktuell: